Via Alpina

Eine Wanderung mit Zelt...

04.05.2024

Die grüne Via Alpina – eine Wanderung mit Zelt!

Von Nikola Arndt

Die Wege der Via Alpina umfassen mehr als 5.000 Wanderkilometer, die sich durch die acht Länder des Alpenbogens ziehen. Die Routen haben verschiedene Farben, die den Teilabschnitten den Namen geben. Wir nehmen euch heute mit in die Schweiz auf die grüne Route der Via Alpina. Beginnend im Fürstentum Liechtenstein, vorbei an den bekannten Gipfeln des Berner Oberlandes Eiger, Mönch und Jungfrau führt sie bis zum Ufer des Genfer Sees.

Da wir im Spätsommer 2023 etwas weniger Zeit hatten und Liechtenstein schon kennen, wanderten wir von Sargans nach Gstaad. Auf diesem Weg absolvierten wir eine Strecke von 317 Kilometern und erklommen 17.860 Höhenmeter.

In den letzten Jahren hatten wir schon reichlich Erfahrung bei Hüttenwanderungen durch die Alpen und Wanderungen mit dem Zelt auf Campingplätzen gesammelt. Bei dieser Wanderung wartete jedoch ein neues Abenteuer auf uns. Wir starteten mit dem Zelt im Rucksack, ohne zu wissen, wo genau wir unser Lager am Abend aufschlagen würden. In der Schweiz ist es oberhalb der Baumgrenze gestattet, wild zu campen. Somit bewegten wir uns auch hier im grünen Bereich. Gleichzeitig gibt es auch Regeln, die befolgt werden dürfen. Die Wanderung hat natürlich Etappen und wir damit eine Route, auf der wir nach schönen Plätzen Ausschau hielten.

 

Übernachten in den Schweizer Alpen – im Zelt oberhalb der Baumgrenze

Die Frage nach dem nächtlichen Lager war anfänglich eine der aufregendsten für uns. Am ersten Abend taten wir uns etwas schwer auf der Suche nach dem perfekten Zeltplatz. Rückblickend war es jedoch kein Problem. Wir fanden ausnahmslos einmalig wunderschöne Plätze. Gestört wurden wir nie, wir bleiben in der Regel allein. Einmal durften wir auf einer Kuhwiese zwischen Kühen im Tal stehen. Wichtig ist es, schon im Vorfeld zu prüfen, wo Naturschutzgebiete sind, denn dort ist das Zelten verboten. Es gibt eine Reihe an Hotels und Fremdenzimmern entlang der Route, es ist also durchaus auch möglich, diesen Weg ohne Camping zu wandern.

 

Das leibliche Wohl auf Wanderschaft

In unseren Trinkblasen befanden sich am ersten Tag der Wanderung jeweils gut 2 Liter Wasser. Wir passierten häufig Wasserquellen und lernten schnell, dass es nicht nötig ist, so viel Wasser zu tragen. Wir haben in der App MAPS.ME geprüft, ob die Quellen eingezeichnet sind und festgestellt, dass dies sehr verlässlich ist. Einen Sicherheitspuffer von 0,5 l pro Person behielten wir. Wir gewöhnten uns an, immer direkt an der Quellen ordentlich und über den Durst zu trinken („camel up“), denn alles, was im Körper ist, muss nicht in den Rucksack. Vor dem Abendessen füllten wir unsere Vorräte an der letzten Quelle auf, um am Ende des Tages und zum Frühstück genügend Wasser zur Verfügung zu haben.

Die Versorgung mit Lebensmitteln war unkompliziert. Wir passierten fast täglich Ortschaften und konnten uns in Supermärkten mit frischen Lebensmitteln eindecken. Oft picknickten wir direkt in der Nähe der Einkaufsmöglichkeit. Wir empfehlen, die Öffnungszeiten online zu prüfen, damit man nicht vor verschlossenen Türen steht. Zum Frühstück essen wir gerne Müsli und Obst, das ist schnell zubereitet und hält lange vor. Einzigartig war in der Schweiz die Möglichkeit, sich stets mit frischem Almkäse zu versorgen. In Selbstbedienungsschränken, die täglich auf dem Weg zu finden sind, wurde regionaler Käse und manchmal auch Getränke angeboten. Nehmt euch ein paar Münzen mit, um hier einkaufen zu können. Natürlich darf ein Kaffee mit einem leckeren Stück Kuchen am Wegesrand oder eine deftige Mahlzeit in einem urigen Restaurant auf so einer Wanderung nicht fehlen. Auf der Route gibt es zahlreiche gastronomische Angebote.

Wir hatten einen kleinen Gaskocher dabei und kochten uns am Abend oft Couscous oder Nudeln. Was wir toll finden, sind Brühwürfel („fette Brühe“), die stets bei uns im Gepäck sind. Sie geben uns Energie und unsrem Abendessen etwas Würze. Je nach Gusto wird es mit Gemüse, Bohnen, Thunfisch, Nüssen etc. noch abwechslungsreicher.

 

Beschaffenheit und Beschilderung des Weges

Die Wegbeschilderung auf der grünen Via Alpina war sehr gut. Wir passierten immer wieder die gelben Wegweiser und fühlten uns zu jeder Zeit sicher und gut geleitet. Verlaufen kann man sich nicht, wenn man etwas aufmerksam ist. Die Wegbeschaffenheit ist ebenfalls hervorragend. Der Weg führt auch mal über Geröll oder auf Asphalt entlang, überwiegend jedoch auf traumhaften Bergwanderpfaden. Einige Stellen sind ausgesetzt und Schwindelfreiheit ist von Vorteil. Unterschätzen solltet ihr die Höhenmeter nicht, die auch einem geübten Wanderer einiges abverlangen. Neben den steilen Passagen aufwärts geht es auch mal durch Geröll oder auf unzähligen Stufen wieder runter ins Tal – bis die Beinmuskulatur brennt und die Knie sich bemerkbar machen. Unterstützen können hier Wanderstöcke – sie waren unsere treuen Begleiter und lieferten deutliche Unterstützung. Entlang des Weges finden sich immer wieder Picknickplätze und Mülleimer, an denen Abfall problemlos entsorgt werden kann. Ab und zu passiert man öffentliche Toiletten oder Liftstationen, die neben sanitären Anlagen mit warmem Wasser auch ein freies WLAN anbieten. Extra Tipp: ein Waschlappen im Gepäck, sehr praktisch für eine schnelle „Waschlappendusche“, wenn sich die Gelegenheit bietet.

 

Unsere Highlights

Altdorf ist der Schauplatz des populären Apfelschusses in Friedrich Schillers „Wilhelm Tell“. Der Weg ist von Relikten dieser Zeit gesäumt. Vorbei am Telldenkmal wanderten wir die letzte Stunde im Regen. Wir verbachten hier eine Nacht in einem schönen kleinen Hotel und genossen die Vorzüge der Zivilisation. Nach einer gründlichen Dusche, Körper und Materialpflege blieb noch genügend Zeit, um den Ort zu erkunden, einzukaufen und ein leckeres Abendessen in einem Restaurant zu genießen.

Ein paar Tage später folgten wir im Örtchen Meiringen den Spuren von Sherlock Holmes, der diese Gegend weltberühmt gemacht hat. Wer Lust und Zeit hat, kann hier dem Sherlock Holmes Museum einen Besuch abstatten.

Wir waren beim Abstieg nach Grindelwald nach unseren Tagen in der Einsamkeit der Natur zunächst etwas überrollt vom Trubel. An diesem bekannten Ort waren alle Nationalitäten vertreten, Asiaten, Araber und zahlreiche andere Touristen jeglicher Couleur tummelten sich im beschaulichen Touristenort. Wer hat nicht schon von ihm gehört, dem gewaltigen Felskoloss des Eigers oder der Eiger Nordwand? Dieser gewaltige Gipfel bildet mit Wetterhorn und Jungfrau einem großartiges Trio. Viele Touristen fahren mit der Jungfraubahn zum höchsten Bahnhof der Welt. Wir stiegen nach einer Pause in der Stadt zu Fuß auf und auch dort oben herrschte bunter Trubel. Der Lautsprecher der Bahnhofsansage verkündete immer wieder die baldige Abfahrt der letzten Bahn des Tages. Dementsprechend strömten die Ausflügler zum Zug. Wir bestaunten das Treiben, machten uns an der Bahnstation etwas frisch und genossen die einkehrende Ruhe, die sich mit der abfahrenden Bahn schon bald einstellte.

Wir wanderten noch so weit, dass wir den schönen Ausblick auf die Eiger-Nordwand behielten und stellten unser Zelt unweit des Weges auf. Ab und zu hörten wir es am Gletscher knacken. Die Nacht war frisch, aber das Gefühl hier oben zu sein, inmitten der gewaltigen Natur, war berauschend. Dieser Nacht gehörte definitiv zu unseren aufregendsten Nächten auf der grünen Via Alpina.

Mürren hat unser Herz sofort erobert. Das Bergdorf ist nur zu Fuß oder mit der Seilbahn zu erreichen. Das Schilthorn, der Hausberg des Ortes, war einst Schauplatz eines James-Bond-Films. Mürren verströmt trotz der Ländlichkeit ohne Hektik und Lärm einen internationalen Charme. Wir besuchten an diesem Pausentag das Schwimmbad und verbrachten dort vor allem viel Zeit im Whirlpool. Am Nachmittag entspannten wir weiter in einem gemütlichen Café. Dieses Fleckchen ist unser absolutes Highlight der grünen Via Alpina.

Der höchste Punkt der grünen Via Alpina ist das Hohtürli, 2778 m. Die Umgebung ist schroff und wir kämpften uns Schritt für Schritt mehrere Stunden durch das Geröll der Schotterlandschaft aus großen und kleinen Steinen nach oben. Zeitgleich mit uns erreichten zwei Via-Alpina-Wanderer aus den USA den Pass, sie kamen aus der anderen Richtung, was für ein schöner Zufall. Wir tauschten uns aus und genossen es sehr, Gleichgesinnte zu treffen. Gegenseitig machten wir ein paar Fotos am Pass und schon trennten sich unsere Wege wieder.

Für uns ging es zunächst noch ein paar Meter weiter hoch zum Gletscher (Blüemlisalpgletscher). Er kann direkt hinter der Blüemlisalphütte auf 2840 m bestaunt werden. Der Anblick des Gletschers verschlug uns die Sprache. Es war noch früh am Morgen und der weiße reflektierende Schnee und das ewige Gletschereis mit der aufgehenden Sonne machte den Moment perfekt. Wir genossen das Wunder der Natur ehrfürchtig und vergaßen die schon müden Beine und die Kälte.

 

Abschied

Nach 14 Tagen endete unsere Wanderung in Gstaad. Wir fühlten uns fantastisch, fit und fröhlich. Gerne wären wir noch bis zum Genfer See gewandert, aber die Verpflichtungen riefen. Wir feierten zunächst ausgiebig unsere Leistung in einem Café und planten die Heimfahrt. Dann ging es doch sehr schnell und wir saßen im Zug zurück zum Ausgangspunkt. Unsere Blicke schweiften zu den Gipfeln der Schweizer Alpen und wir hingen zufrieden den Erlebnissen der letzten zwei Wochen nach. Das Bahnsystem in der Schweiz ist vorbildlich, damit können wir das Bahnfahren klar empfehlen.

Während unserer Wanderung übernachteten wir 10 x im Zelt, 2 x im Hotel und 1 x in einer Hütte (Obere Bundalp). Die Hotelübernachtungen buchten wir während der Tour online. Die Entscheidung fiel in Abhängigkeit von der Wetterlage. Die Übernachtung in der Hütte war nicht geplant, aber nötig, da wir im Naturschutzgebiet nicht zelten durften.

Die grüne Via Alpina war für uns die Generalprobe, denn während ihr diese Zeilen lest, sind wir unterwegs auf der roten Via Alpina. Diesmal geht es mehrere Wochen entlang des Alpenhauptkamms von Triest nach Nizza. Wir freuen uns über Feedback und beantworten gerne eure Fragen.

 

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